Die Glattjochkapelle zu Ehren Sankt Virgil
ist in 1989 m Seehöhe in den Wölzer Tauern in der Steiermark am Übergang vom Donnersbachtal in das Schöttltal gelegen.
Dieses höchstgelegene Sakralbauwerk der Steiermark ist als Kraggewölbe-Konstruktion in Trockenmauerwerk das einzige seiner Art in Mitteleuropa bekannte; Es weist exakt die gleichen Proportionen auf wie die „boat-shapend oratories‘“ Irlands und die „bories“ SW-Frankreichs.
Das Gebäude dürfte im 9. – 10. Jh. N. Chr. im Zuge der Bekehrung der hier ansässigen heidnischen Bajuwaren und Karantanien entstanden sein. An deren Missionierung hatten irische und westfränkische „peregrini“ (Wanderkleriker) maßgeblichen Anteil. Dokumentiert sind solche u.a. als Begleiter des hl. Modestus, des „Apostels der Steiermark“, der im Auftrag des 7. Bischofs von Salzburg, des aus Irland stammenden Hl. Virgil (Ir. Ferghal) erneut den christlichen Glauben in die Steiermark und nach Kärnten brachte, nachdem hier das Christentum der Spätantike in den Wirren der Völkerwanderung zugrunde gegangen war. Diese Westeuropäer werden die archaische Andachtsstätte in dem hierorts unbekannten Baustil errichtet haben.
Weitere in der Kapellennähe vorgefundene Baureste könnten Wohnstätten gewesen sein. Vermutlich war eine Einsiedelei am Glattjoch die saisonal besetzte Außenstelle eines verschollenen Frühkosters im Raume Irdning, dessen Existenz durch alte Kataster- und Flurbezeichnungen belegt ist. Das Glattjoch war der höchste Punkt der Salzstraße des steirischen Urweges zwischen den Salzvorkommen im Norden und dem Siedlungsraum Noricums, später Kartaniens, im Süden. Für die durchziehenden „Säumer“ (Fuhrleute), Reisenden, Händler und Pilger war der Kapellenplatz durch viele Jahrhunderte, bis weit in das 19. Jh. Hinein, Rast- und Andachtsstätte, wie u. a. aufgefundene Opfermünzen und Reste einer Sakraleinrichtung der Kapelle beweisen.
Die Bauwerksreste wurden 1995 freigelegt und die Kapelle von 1996 bis 1998 durch Freiwillige wieder hergestellt und gestaltet. Die finanziellen Mittel dafür kamen von vier Kapellenpatronen,sowie durch Förderungszahlungen der Anliegergemeinden und des Landes Steiermark und aus Spenden der Bevölkerung. Die ökumenische Segnung der wiederhergestellten Kapelle erfolgte im Frühjahr 1998.
Alljährliche Bergmessen an der Kapele finden seither jeweils in der zweiten Junihälfte statt und werden als berührende Feiern im Hochgebirge gerne besucht.
Der 2007 eröffnete Hemma-Pilgerweg von Stift Admont nach Gruk führt über das Glattjoch und fordert auf der langen Tagesetappe zwischen Donnersbachwald und der Stadt Oberwölz den Pilgern einiges ab. Erleichtert, den höchsten Punkt dieses Pilgerweges geschafft zu haben, bietet die Rast an der Kapelle Erholung für Leib und Seele. Wie seit 1000 Jahre wird auch hier das eine oder andere Dankgebet zum Himmel steigen.